Veröffentlichung eines kompromittierenden Strandfotos verstößt gegen Ehrenkodex

Wien (OTS) Der Senat 3 des Presserats beschäftigte sich mit dem Artikel „(S)EXZESSE: Austro-Paar aus Lignano ausgewiesen“, erschienen auf Seite 12 der Tageszeitung „OE24“ vom 11.06.2019. Dem Artikel wurde ein Foto beigefügt, auf dem zwei Frauen mit Badebekleidung zu sehen sind. Sie liegen breitbeinig aufeinander am Strand, zwischen ihnen befindet sich ein Schwimmreifen. Neben ihnen stehen zwei Männer.

Ein Leser wandte sich an den Presserat und kritisierte, dass auf dem Foto den abgebildeten Frauen zwischen die Beine fotografiert worden sei.

Die Medieninhaberin brachte im Verfahren vor, dass die Gesichter der aufeinanderliegenden Personen auf dem Foto nicht erkennbar seien, weshalb eine Verletzung der Persönlichkeitsrechte ausscheide. Auch sei die Materialbeschaffung zulässig, weil der Fotograf an einem öffentlichen Ort zwei Personen fotografiert habe, die auf Diskretion anscheinend keinen allzu großen Wert legen. Dennoch bedauere die Medieninhaberin die Veröffentlichung des Fotos, weil ursprünglich die heiklen Stellen des Fotos verpixelt hätten werden sollen, offensichtlich aber die redaktionellen Sicherheitsmaßnahmen hier versagt haben.

Der Senat hält fest, dass für einen Eingriff in den Persönlichkeitsschutz nicht entscheidend ist, ob die Gesichter der abgebildeten Personen auf einem veröffentlichten Foto erkennbar sind. Voraussetzung ist nur, dass der oder die Abgebildete auf irgendeine Weise identifizierbar ist, wobei sich die Identifizierbarkeit auch aus den Begleitumständen ergeben kann. Nach Ansicht des Senats sind die auf dem Foto aufeinanderliegenden Frauen zumindest für ihr unmittelbares Umfeld erkennbar. Dies ergibt sich vor allem aufgrund der neben den Frauen abgebildeten Männer und deren spezifischer Kleidung bzw. ihren modischen Accessoires, die auf dem Foto zu sehen sind. Für einen beschränkten Personenkreis sind somit auch die aufeinanderliegenden Frauen identifizierbar.

Die Frauen werden auf dem Bild breitbeinig aufeinanderliegend mit Badebekleidung gezeigt. Der Senat wertet das als kompromittierende Situation. Hinzu kommt, dass im beigefügten Bildtext darauf hingewiesen wird, dass die Abgebildeten betrunken waren („Saufgelage starten bereits am Vormittag“). Der Senat sieht in der Veröffentlichung einen Eingriff in den Persönlichkeitsschutz der Betroffenen (Punkt 5.1 des Ehrenkodex für die österreichische Presse). Die Veröffentlichung verletzt darüber hinaus auch die Intimsphäre der abgebildeten Frauen und dient augenscheinlich nur der Befriedigung der voyeuristischen Interessen gewisser Leserinnen und Leser (Punkt 6.1 des Ehrenkodex). Auch der Titel des Artikels („(S)EXZESSE: Austro-Paar aus Lignano ausgewiesen“) zielt nach der Auffassung des Senats primär auf voyeuristische Interessen ab.

Zudem weist der Senat darauf hin, dass bei der Beschaffung von Bildmaterial keine unlauteren Methoden angewendet werden dürfen (Punkt 8 des Ehrenkodex). Nach Ansicht des Senats befanden sich die offenbar stark alkoholisierten Frauen in einer Ausnahmesituation, die vom Fotografen des Mediums ausgenützt wurde. Dabei spielt es keine Rolle, dass das Foto an einem öffentlichen Strand geschossen wurde. Der Senat erachtet die Anfertigung des Fotos als unlautere Methode und somit aus medienethischer Sicht als unzulässig.

Schließlich hebt der Senat positiv hervor, dass sich die Medieninhaberin im Verfahren einsichtig zeigte und sich für die Veröffentlichung des Fotos entschuldigte. Aufgrund der intimen Situation, die auf dem Bild zu sehen ist, kann der Senat dennoch nicht davon absehen, einen Ethikverstoß festzustellen.

SELBSTÄNDIGES VERFAHREN AUFGRUND EINER MITTEILUNG EINES LESERS

Der Presserat ist ein Verein, der sich für verantwortungsvollen Journalismus einsetzt und dem die wichtigsten Journalisten- und Verlegerverbände Österreichs angehören. Die Mitglieder der Senate des Presserats sind weisungsfrei und unabhängig.

Im vorliegenden Fall führte der Senat 3 des Presserats aufgrund einer Mitteilung eines Lesers ein selbständiges Verfahren durch. In diesem Verfahren äußert der Senat seine Meinung, ob eine Veröffentlichung den Grundsätzen der Medienethik entspricht.

Die Medieninhaberin der Tageszeitung „OE24“ hat von der Möglichkeit, an dem Verfahren teilzunehmen, Gebrauch gemacht.

Die Medieninhaberin der Tageszeitung „OE24“ hat die Schiedsgerichtsbarkeit des Presserats anerkannt.

Rückfragen & Kontakt:

Wolfgang Unterhuber, Sprecher des Senats 3, Tel.: 0664-80666-8600

[ad_2]

Quelle