TIROLER TAGESZEITUNG: Leitartikel vom 15. April 2019 von Peter Nindler – Ziviles Engagement stimmt positiv

Innsbruck (OTS) Ob Klimabewegung oder das Gespür, dass Belastungsgrenzen im Tourismus oder Verkehr in Tirol bereits überschritten sind: Aktivitäten aus der Mitte der Bevölkerung heraus nehmen zu und drängen die Politik zum Handeln. Und das ist gut so. Es ändert sich etwas im gesellschaftlichen Gefüge, das nicht zwingend etwas mit dem parteipolitischen Sys-
tem im Land zu tun hat. So sind die 44,3 Prozent für die Tiroler Volkspartei bei der Landtagswahl 2018 kein Widerspruch zum aufkeimenden Protest aus der Zivilgesellschaft gegen Skigebietszusammenschlüsse, Aushubdeponien oder Transitverkehr mit dem unsinnigen Lkw-Tanktourismus. Vielleicht sind es noch Mandatsträger und Funktionäre in den Parteien, die wegen wirtschaftlicher oder interessenpolitischer Klientelneigungen mit Scheuklappen Politik machen. Doch an der Basis spielt die Parteifarbe meist überhaupt keine Rolle mehr; wie beim massiven Widerstand mit 16.900 Unterschriften gegen die Seilbahnverbindung Hochetz-Kühtai. Gottlob fußt unsere Demokratie heute auf den drei Säulen der Gewaltenteilung, nämlich Gesetzgebung (Parlament, Landtage), ausführende Gewalt (Exekutive, Regierung, Gemeinderat) und Rechtsprechung (Gerichte). Zugleich wäre die Politik gut beraten, öfters in das Volk hineinzuhören. Nicht nur vor den Wahlen, wo dann zuvor ignorierte Volksnähe demonstriert wird. Deshalb wächst ziviles Engagement und ist wie etwa die Bewegung „Fridays for Future“ der schwedischen Umweltaktivistin Greta Thunberg eine schallende Ohrfeige für eine träge, behäbige und selbstgerechte Politik. Weil sie nichts gegen den dramatischen Klimawandel tut, in dem sich die Welt seit Jahren befindet.
Die Gletscher schmelzen, die Wetterkatastrophen nehmen zu, doch die politischen Verantwortungsträger diskutieren nach wie vor über Klimaziele. Und in Tirol? Da reicht es der Bevölkerung schon längst, für den billigen Lkw-Tanktourismus im Stau zu stecken oder die gesundheitlichen und ökologischen Belastungen durch den Transit in Kauf zu nehmen. Der Druck auf die Landespolitik wird deswegen immer größer. Jetzt stehen auch die Gemeinden auf und lassen sich von keinen verschwurbelten Absichtserklärungen mehr berieseln. Dass die schwarz-grüne Landesregierung reagiert, hängt mit der Glaubwürdigkeit zusammen. Denn wie soll man ehrlich in der Transitpolitik nach außen auftreten, wenn man die eigenen zu lösenden Schwachstellen nicht anpackt?
Ähnlich verhält es sich im Tourismus, wo in einigen Regionen die Belastungsgrenzen bereits überschritten wurden. Das spüren die Menschen und lassen sich von politischen Erklärungen nicht mehr vertrösten. Sie empören sich. Die Politik sollte daraus schöpfen und ziviles Engagement zumindest als wichtigen Anstoß für ihre Entscheidungen sehen. Abseits von Wahlen und Parteifarben.

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