COVID-19: Bundesrat befürwortet Schutzschirm für Veranstaltungsbranche

Berichte über Tourismus und Situation der KMU führen zu lebhaften Debatten über Corona-Maßnahmen

Wien (PK) Ein weiterer Baustein in den Maßnahmen, mit denen die Wirtschaft angesichts der COVID-19-Krise unterstützt werden soll, hat heute mit Stimmeneinhelligkeit den Bundesrat passiert. Dabei handelt es sich um einen Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche, der mehr Planungssicherheit bringen soll. Die Bundesregierung erhofft sich davon einen wesentlichen Beitrag zur Erholung der Tourismusbranche, da Veranstaltungen ein wichtiger Wirtschaftsfaktor sind, wie Tourismusministerin Elisabeth Köstinger erklärte.

Der Bundesrat diskutierte zudem den Bericht von Bundesministerin Köstinger über den Tourismus in Österreich 2019, der auch eine Zwischenbilanz des „Masterplan Tourismus“ zieht. Allerdings führte er wie der Bericht über die Situation und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen der österreichischen Wirtschaft („KMU im Fokus 2019“) Anlass zu einer lebhaften Debatte über die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung. Verhandelt wurde auch ein Bericht der Wirtschaftsministerin über die Vorhaben der EU für das Jahr 2020.

Schutzschirm für Veranstaltungsbranche soll Tourismus stärken

Nach dem einstimmigen Beschluss des Nationalrats gab heute auch der Bundesrat seine Zustimmung für einen Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche. Damit soll mehr Planungssicherheit für die auch für den Tourismus relevante Veranstaltungsbranche entstehen, die aufgrund der COVID-19-Krise massive Einbrüche zu verzeichnen hatte. Laut dem Initiativantrag der Koalitionsparteien ist vorgesehen, dass der Bund Haftungen von bis zu 300 Mio. € für nicht stornierbare Kosten übernehme kann. Die Haftungen würden in Fällen schlagend, in denen schon in die Wege geleitete Veranstaltungen aufgrund von COVID-19-Maßnahmen nicht oder nur mehr reduziert stattfinden können.

Die rechtliche Grundlage bildet eine Änderung des Bundesgesetzes über besondere Förderungen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU-Förderungsgesetz). Angestoßen wurde diese Novelle über einen Initiativantrag der Koalitionsparteien. In weiterer Folge sollen Förderrichtlinien, die noch erarbeitet werden müssen, im Detail festlegen, welche Kosten tatsächlich erstattet werden können.

Bundesrätin Elisabeth Mattersberger (ÖVP/T) wies darauf hin, dass Veranstalter derzeit keine ausreichende Planungssicherheit für 2021 hätten. Mit den Haftungsübernahmen des Staates solle sichergestellt werden, dass auch 2021 wieder Veranstaltungen und Kongresse stattfinden können, die gerade für den Städtetourismus ein wichtiger Faktor sind. Bundesrätin Andrea Holzner (ÖVP/O) ergänzte, gerade die Bereiche, die vom Miteinander und der Begegnung von Menschen leben, also Gastronomie, Veranstaltungen, Messen und die Kultur seien von der Pandemie besonders betroffen. Der Schutzschirm könne dazu beitragen, ein drohendes finanzielles Desaster von der Branche abzuwenden.

In der Veranstaltungs- und Freizeitbranche gebe es viele hochspezialisierte Arbeitsplätze, die nicht verlorengehen dürften, sagte Bundesrätin Bettina Lancaster (SPÖ/O). Leider müsse sie feststellen, dass die Opposition der Koalition einmal mehr einen Vertrauensvorschuss für ihre Maßnahmen gebe, von ihr aber weiterhin nur unzureichend einbezogen werde. Auch diesmal sei die Regierung viele wichtige Fragen zur Ausgestaltung der Richtlinien noch schuldig. Die SPÖ werde jedenfalls genau beobachten, ob tatsächlich jene Hilfe erhalten, die sie brauchen.

Der Schutzschirm helfe einer Branche, die schwer von der Pandemie betroffen sei, befand Thomas Dim (FPÖ/O). Auch er kritisierte, dass die genauen Förderrichtlinien noch nicht bekannt seien. Der FPÖ-Bundesrat kritisierte weiters die aus seiner Sicht unzureichende Kommunikation der Regierungsparteien mit den Bundesländern und der Opposition. Dim appellierte an die Bundesregierung, den Messebetrieb und den Buchhandel stärker zu unterstützen.

Tourismusministerin Elisabeth Köstinger führte aus, der Schutzschirm sei eine Reaktion darauf, dass man derzeit noch nicht sagen könne, wann man die Pandemie soweit in den Griff bekommen werde, damit der Veranstaltungsbetriebe wieder halbwegs zur Normalität zurückkehren könne. Berücksichtigt werde auch, dass die Veranstaltungswirtschaft sehr vielfältig sei. Die Branche sei als Erste massiv von der Pandemie betroffen worden und leide weiterhin massiv unter den Einschränkungen und dem hohen Planungsrisiko. Mit dem Schutzschirm übernehme der Staat finanzielle Haftungen, um mehr Planungssicherheit zu geben. Die Abwicklung solle möglichst unbürokratisch über die österreichische Hotel- und Tourismusbank erfolgen.

Bericht über Tourismus im Jahr vor der Corona-Krise zeigt Rekordzahlen

Die Corona-Krise bestimmte auch die weitere Diskussion des Bundesrats. Anlass bot der Bericht über den Tourismus in Österreich 2019 , der von den BundesrätInnen einstimmig zur Kenntnis genommen wurde. Wie in den Jahren zuvor war der Tourismus in Österreich auch 2019 eine tragende Säule der Wirtschaft. 2019 wurden noch mit 46 Millionen Gästen und 153 Millionen Nächtigungen neuerlich die bisherigen Höchstmarken überschritten. Der Anteil der touristischen Wertschöpfung am Bruttoinlandsprodukt belief sich auf 7,3%. Heuer habe die gesamte Branche Corona-bedingt eine „Vollbremsung“ in einem bislang unbekannten Ausmaß durchgeführt, erklärt Ministerin Elisabeth Köstinger im Vorwort zum Bericht.

Köstinger will am „Plan T – Masterplan für Tourismus“ festhalten, der im März 2019 präsentiert wurde. Dieser verankere Nachhaltigkeit als Grundprinzip für den österreichischen Tourismus. Ein neues, zukunftsgerichtetes Indikatorensystem werde einen breiten Überblick über die Entwicklung der Tourismusbranche geben. Der Fokus liegt laut der Ministerin dabei auf dem Tourismus-Satellitenkonto, das alle drei Dimensionen der Nachhaltigkeit – die ökonomische, die ökologische und die soziokulturelle – abbilden soll. Aber auch Gästezufriedenheit und Tourismusakzeptanz werden nun erhoben.

Emotionale Debatte über Auswirkungen der Corona-Maßnahmen auf Wirtschaft und Gesellschaft

Der Tourismusbericht zeige die enorme Bedeutung der Tourismusbranche, sagte Otto Auer (ÖVP/N). Er habe immer einen signifikanten Anteil der österreichischen Wirtschaftsleistung erbracht. Die Pandemie habe einen enormen Einbruch verursacht, nun gelte es, bald wieder die früheren Werte zu erreichen. Ein wichtiger Aspekt ist für Auer die Regionalisierung und die Kooperation von Landwirtschaft und Tourismus.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Tourismus unterstrich auch Günther Novak (SPÖ/K). Den Masterplan für den Tourismus sah er als positiv, da er auf Nachhaltigkeit ausgerichtet und zukunftsorientiert sei. Der zweite Lockdown stelle viele Tourismusbetriebe vor große Probleme. Leider habe die Bundesregierung vor der Verhängung des Lockdowns zudem nur formale Gespräche mit den Bundesländern und den Wirtschaftstreibenden geführt, kritisierte Novak.

Seine Fraktionskollegin Eva Prischl (SPÖ/N) sagte, die Lage des Städtetourismus sei dramatisch und der neuerliche Lockdown verschärfe sie weiter. Die Branche brauche dringend Unterstützung und müsse mehr Aufmerksamkeit erhalten. Zudem müssten die Arbeitsbedingungen im Tourismus verbessert werden.

Die Salzburger FPÖ-Bundesrätin Marlies Steiner-Wieser warf der Bundesregierung vor, durch ihre „völlig überzogenen Maßnahmen“ in der Pandemie-Bekämpfung keine „Vollbremsung“, wie Köstinger es nenne, sondern einen „Horror-Crash mit Totalschaden“ der Tourismus- und Freizeitwirtschaft verursacht zu haben. Die zahlreichen Beschränkungen und Verbote hätten aber keinen erkennbaren Einfluss auf die Ausbreitung des Virus, jedoch massive Auswirkungen auf die Wirtschaft und das gesellschaftliche Leben. Die Bundesrätin beklagte zudem „massive Eingriffe“ in die Grund- und Freiheitsrechte. Die Bundesregierung lasse nicht zu, dass man ihre Corona-Maßnahmen kritisch hinterfrage, obwohl diese mehr Probleme erzeugen als lösen würden. Sie befürchte unter anderem eine starke Zunahme psychischer Probleme in der Bevölkerung aufgrund der Lockdowns, sagte Steiner-Wieser. Die Bundesrätin brachte einen Entschließungsantrag ihrer Fraktion ein, der den Ausbau der psychosozialen Betreuung in den Bundesländern fordert. Der Antrag wurde mehrheitlich angenommen.

Die Vorwürfe der FPÖ-Bundesrätin in Hinblick auf die Maßnahmen der Bundesregierung wies Marco Schreuder (Grüne/W) vehement zurück. Hier werde im Stil von Verschwörungstheorien unterstellt, die Bundesregierung verfolge einen Masterplan, um die Freiheit der BürgerInnen einzuschränken.

Die LeugnerInnen der Gefahr, die vom Corona-Virus ausgehe, trügen wesentliche Mitverantwortung dafür, wenn das Gesundheitssystem nun davorstehe, an seine Kapazitätsgrenzen zu stoßen, hielt Eduard Köck (ÖVP/N) Bundesrätin Steiner-Wieser in einer emotionalen Rede entgegen. Die Situation sei äußerst ernst. Unabhängige Bewertungen würden Österreich zudem ein sehr gutes Zeugnis für seine Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen ausstellen.

Köck erinnerte daran, dass die Landwirtschaft jene landschaftliche Schönheit sichert, die eine wichtige touristische Ressource bildet. Gerade die Almwirtschaft benötige jedoch mehr rechtliche Sicherheit, wenn es zu Zwischenfällen mit WandertouristInnen kommt. Auch müsse die Vermarktung der qualitätsvollen landwirtschaftlichen Produkte verbessert werden, die Österreich zu bieten habe. Köck sprach sich für die Umsetzung eines Qualitätsgütesiegels und eine stärkere Zusammenarbeit von Tourismusbranche und Landwirtschaft aus.

Köstinger: Bundesregierung tut alles, um Folgen des zweiten Lockdowns abzumildern

Der Bericht zeige, dass 2019 ein Rekordjahr für den österreichischen Tourismus war, sagte Bundesministerin Elisabeth Köstinger. Die Branche sichere eine stetig steigende Zahl von Arbeitsplätzen und habe enorme wirtschaftliche Bedeutung. Besonders hervorzuheben sei, dass es hier, wie in der eng mit dem Tourismus verknüpften Kultur- und Veranstaltungsbranche, ein hohes Maß an Einsatzfreude und Kreativität gebe.

Die Bundesministerin ging auf die geplanten Maßnahmen der Bundesregierung ein, um die Folgen des zweiten Lockdowns abzumildern. Sie anerkenne, dass Gastronomie und Veranstaltungsbranche ihren Beitrag geleistet hätten, um die Pandemie einzuschränken. Sie bitte aber auch um Verständnis dafür, dass der zweite Lockdown nun vor allem beim privaten Bereich ansetze, wo unterdessen der Hauptteil der Infektionen stattfinde. Was die Vorwürfe der FPÖ-Bundesrätin zum Umgang mit der Corona-Krise betreffe, so seien sie nicht gerechtfertigt und es sei daher unnötig, auf diese ihm Detail einzugehen, meinte die Ministerin. Sie wolle jedoch nachdrücklich daran erinnern, dass das Virus gerade die ältere Generation besonders gefährde. Ihr sei man es schuldig, sie vor COVID-19 zu schützen und darauf zu achten, dass das Gesundheitssystem nicht an seine Grenzen stößt.

KMU im Fokus: Debatte zu Bericht rückt Situation kleiner und mittlerer Unternehmen in der Corona-Krise in den Mittelpunkt

Als traditionelles Rückgrat der heimischen Wirtschaft wird die Situation und Entwicklung kleiner und mittlerer Unternehmen im Bericht “ KMU im Fokus 2019 “ des Wirtschaftsministeriums beleuchtet. Er bescheinigt der klein- und mittelständischen Wirtschaft eine überwiegend positive Entwicklung und spricht von einer soliden betriebswirtschaftlichen Basis. Die rund 337.800 KMU beschäftigten 2017 knapp zwei Millionen Menschen, bildeten rund 52.900 Lehrlinge aus und waren damit Arbeitgeber für zwei Drittel aller Beschäftigten. Hervorgehoben wird dabei auch, dass sich die Mehrheit der österreichischen KMU in Familienhand befinden.

In der Debatte strichen die BundesrätInnen vor allen die Bedeutung von KMU für die österreichische Wirtschaft, aber auch ihre schwierige Lage in der Corona-Krise hervor. Unternehmen würden immer versuchen, das Beste aus ihrer Situation zu machen und Krisen könnten auch als Entwicklungsbeschleuniger wirken, zeigte sich Judith Ringer (ÖVP/O) optimistisch. So könne die Digitalisierung durch die Krise einen Schub erfahren und diese genutzt werden, um sich Dinge, wie Regionalität oder die Bedeutung von Online-Shops ins Bewusstsein zu rücken. Die Situation von KMU in der Corona-Krise dürfe zwar nicht schöngeredet werden, aber negative oder pessimistische Aussagen würden Ringer zufolge die Wirtschaft auch nicht fördern. Ähnlich sieht dies auch ihre niederösterreichische Fraktionskollegin Sonja Zwazl: Der schwierigen Situation sei auch mit Zuversicht zu begegnen. Dennoch seien Unterstützungen für die Unternehmen in der Krise wichtig und sie strich positiv hervor, dass von der Bundesregierung Initiativen gesetzt worden seien. Vor allem KMU und hier besonders Familienunternehmen sowie Ein-Personen-Unternehmen (EPU) würden einen bedeutenden Faktor der heimischen Wirtschaft bilden.

Den EPU und Familienunternehmen gelte es besonders in der Corona-Krise besonderes Augenmerk zu schenken, unterstrich Andrea Kahofer (SPÖ/N). Schließlich seien hiervon vor allem auch Frauen betroffen und bei Familienunternehmen würden sich derzeit oft ganze Familien um ihr Auskommen sorgen müssen. Zur Unterstützung der KMU seien ihrer Ansicht nach besonders auch die Gemeinden zu fördern, da sie wichtige regionale Konjunkturfaktoren darstellen würden. Obwohl die Zahlen im KMU-Bericht für Kahofer aufgrund der Corona-Krise fast schon „nostalgisch“ wirken, zeigte sie sich aber auch überzeugt, dass sich trotz der negativen Entwicklungen Innovation und Leistungskraft in KMU ungebrochen seien. Für Marco Schreuder (Grüne/W) bilde der Bericht wichtige Zahlen für einen Vergleich nach der Corona-Krise ab. Der Bericht zeige aber auch die schwierige Zugänglichkeit für kleine und EPU zu öffentlichen Aufträgen auf. Es müsse daher gelten, öffentliche Ausschreibungen so zu gestalten, dass sich auch kleine Unternehmen bewerben könnten.

Reinhard Pisec (FPÖ/W) bezeichnete den Bericht als „aussagelos“, da der erste Corona-Lockdown viel zu drastisch gewesen sei und damit die Wirtschaft nachhaltig verändert habe. Mögliche Unterstützungen von KMU ortet er in der gestiegenen Sparquote. Für nicht verwendetes Kapital sollten daher Angebote für Investitionen erstellt werden. Zudem könnten steuerliche Anreize für Start-Up-Unternehmen geschaffen werden, um deren Erfolgsquote zu verbessern.

Der Bericht „KMU im Fokus 2019“ wurde schließlich vom Bundesrat ebenso einstimmig zur Kenntnis genommen, wie der EU-Vorhabensbericht 2020 des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort. Geprägt von der Schaffung eines europäischen Rahmens für den Übergang in eine klimaneutrale und digitale Zeit werden darin vor allem Initiativen wie der Europäische Green Deal, die Europäische Datenstrategie oder etwa das Weißbuch über Künstliche Intelligenz hervorgestrichen. (Fortsetzung Bundesrat) see/sox

HINWEIS: Sitzungen des Nationalrats und des Bundesrats können auch via Live-Stream mitverfolgt werden und sind als Video-on-Demand in der Mediathek des Parlaments verfügbar.


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